Sonntag, 3. November 2019

IHK Vortrag "Arbeitsrecht für Existenzgründer"



Rechtsanwalt                                 
Thomas Eschle        
Rennstraße 2, 70499 Stuttgart
'  (07 11) 2 48 24 46  
7   (07 11) 2 48 24 48
E-Mail: KanzleiEschle@t-online.de                                      
www.rechtsanwalt-eschle.de                                                                      






Vortrag „Arbeitsrecht für Existenzgründer“ 


Termin: 7. November 2019, ab 18:25 Uhr

Veranstalter:
IHK Region 
Stuttgart
Abteilung Industrie und Verkehr
Jägerstr. 30, 70174 Stuttgart



  1. Einführung: Warum sind wir heute hier

  1. Beschäftigungsmöglichkeiten: Minijob, VZ, TZ 

    C.  Scheinselbständigkeit 

  1. Mitarbeit von Familienmitgliedern 

  1. Kündigungsfristen

  1. Stellenausschreibung

  1. Bewerbungsgespräch

  1. Arbeitsvertrag

    I.   Arbeitgeberpflichten

    J.  Tipps und Marketing 




 A.  Warum sind wir heute hier:  

Für Start-Up Unternehmer ist es wichtig, die wesentliche Grundzüge des Arbeitsrechts zu kennen.  Fehler können einem Jungunternehmer sehr teuer werden. Mit meinem Vortrag möchte ich Ihnen zumindest einen Überblick geben, um die wichtigsten Fallstricke zu vermeiden. 
Holen Sie sich ggf. Rechtsberatung bei wichtigen Fragen ein.

Tipp: Für Lohnabrechnungen, Lohnsteuerabführung und Sozialabgaben sollten Sie von Anfang an einen Steuerberater engagieren. 



  1.  Beschäftigungsmöglichkeiten
      
Es existieren verschiedene Vertragsarten, mit denen ein Arbeitsverhältnis flexibel gestaltet werden kann.

1) Das Minijob-Arbeitsverhältnis:

Bei einem Minijob erhält der Arbeitnehmer ein regelmäßiges Arbeitsentgelt, das monatlich 450,00 € nicht überschreitet. Der Arbeitgeber meldet den Minijob bei der Minijob- Zentrale, der Knappschaft Bahn-See (KBS) und bei der gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) an und entrichtet monatlich eine Pauschale zur Abdeckung von Renten- und Krankenversicherung.

Vorteil für Arbeitgeber: Man spart ordentlich Steuer- und Sozialabgaben
Tipp: Ehegatte anstellen z.B. für Buchhaltung,                                         Büroarbeiten



2) Das Beschäftigungsverhältnis innerhalb der Gleitzone

Bei einer Beschäftigung in der Gleitzone beschäftigt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer mit einer monatlichen Vergütung zwischen 450,01 € und 850,00 €. Der Arbeitgeber zahlt hierbei die Hälfte des regulären Sozialversicherungsbeitrags. Der Arbeitnehmer ist versicherungs-pflichtig in der Sozialversicherung, er zahlt aber nur einen verminderten Beitragssatz.

Vorteil für Arbeitgeber: Man spart etwas Sozialabgaben



3) Das kurzfristige Beschäftigungsverhältnis (klassische Ferienjobs)

Bei einer kurzfristigen Beschäftigung ist der Mitarbeiter nur zwei Monate oder 70 Arbeits-tage im Kalenderjahr beschäftigt. Die kurzfristige Beschäftigung ist weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig. Der Arbeitgeber muss nur, je nach Vereinbarung, eine pauschale Lohnsteuer abführen.

Vorteil: Keine Sozialabgaben, pauschale Lohnsteuer




4) Das Teilzeitarbeitsverhältnis

Neben den anderen genannten Gestaltungsarten kann es vorteilhaft sein, während der Start-UP-Zeit mit begrenzten finanziellen Mitteln, Arbeitsverhältnisse in Teilzeitarbeit zu gestalten. Erst ab Betrieben mit mehr als 15 Vollzeitbeschäftigten besteht ein Rechts-anspruch auf Teilzeitarbeit. Nähere Informationen hierzu finden Sie im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (hier: TzBfG)



5) Das zeitlich befristete Arbeitsverhältnis

Grundsätzlich kann ein Arbeitsvertrag auch nur für eine bestimmte Zeit abgeschlossen werden. In diesem Fall müssen Sie die Voraussetzungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) einhalten. Das TzBfG ermöglicht die Befristung, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt.

Sachliche Gründe sind u.a.: Elternzeitvertretung, kurze Projektlaufzeit, Saisonarbeitsplatz.

Liegt kein sachlicher Grund vor, ist eine Befristung bis zu zwei Jahren möglich und in den ersten vier Jahren nach Unternehmensgründung sogar bis zu vier Jahren. Durch einen Tarifvertrag können sowohl die Höchstdauer als auch die Anzahl der zulässigen Verlängerungen eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages abweichend von den gesetzlichen Vorschriften geregelt werden. Beachte: Schriftform des befristeten Arbeitsvertrages ist zwingend vorgesehen.



6) Vollzeitarbeitsverhältnis

Eine Vollzeitbeschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von durchschnittlich 40 Wochenstunden bei einer 5-Tage-Woche. Tarifverträge können einen anderen Umfang bestimmen. Das Vollzeitarbeitsverhältnis wie das Teilzeitarbeitsverhältnis ist steuer- und sozialversicherungspflichtig.




  1. Scheinselbstständigkeit contra Arbeitnehmeranstellung

Abgrenzungsproblem:  Für eigene angestellte Mitarbeiter muss der Arbeitgeber Lohnsteuer und Sozialabgaben abführen. 

Bezieht man Leistungen dagegen von einem anderen Unternehmer, zahlt der beauftragende Unternehmer den Nettobetrag plus Umsatzsteuer mit der Möglichkeit die gezahlte Umsatzsteuer beim Finanzamt mit der eigenen Umsatzsteuer zu verrechnen.  

Manchmal ist es fraglich, ob eine Person selbstständiger Unternehmer oder eigener Mitarbeiter ist. Das jetzt geltende Recht grenzt den Scheinselbständigen-Status an vier Kriterien ab. Treffen auch nur zwei dieser Kriterien zu, dann besteht die Vermutung, dass eine Scheinselbständigkeit vorliegt. Das Gesetz sieht folgende Kriterien vor:
1. Personen, die im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
sind eher als Arbeitnehmer zu sehen.

Hierzu der Tipp: Ehegatte des Auftragnehmers macht Buchhaltung im Rahmen eines 450 € Minijobs. 


2. Im Wesentlichen kommen mindestens 5/6 des Umsatzes von nur einem Auftraggeber. Dann ist der Auftragnehmer Arbeitnehmer.

Tipp: Weitere Umsätze von anderen Auftraggebern „an Land ziehen“


3. Beschäftigte, welche typische Arbeitsleistungen erbringen, insbesondere Weisungen des Auftraggebers unterliegen und in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert sind, sind Arbeitnehmer

Tipp: Freelancer nicht in die Arbeitsorganisation eingliedern, ihnen Freiheit lassen wo, wann und wie sie Ihre Dienstleistung erbringen.


4. Arbeitnehmer sind Personen, welche nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftreten.

Tipp: Freelancer bietet mit seiner Homepage seine Dienstleistung allgemein auf dem Markt an, er hat einen Internetauftritt als Unternehmer bei Xing und Linkedin.


Fazit: Beachtet man die Regeln, dann ist es vorteilhaft mit fremden Dienstleistern (Nichtarbeitnehmern) zusammen zu arbeiten.


Beachtet man die vorgenannten Regeln nicht (dann „Gute Nacht!)

Scheinbeschäftigte werden vom Staat wie folgt „in die Mangel genommen“: Nachzahlung der gesamten Sozialversicherungsabgaben, rückwirkend für bis zu 4 Jahren. Dabei muss der Arbeitgeber sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmeranteile übernehmenZudem wird rückwirkend Lohnsteuer fällig.

Wird auch umsatzsteuerlich die Unternehmereigenschaft des vermeidlichen Freelancers verneint, war er nicht zum Ausweis von Umsatzsteuer in seinen Rechnungen berechtigt. Folglich ist ein Vorsteuerabzug für den Auftraggeber unzulässig und die abgezogene Vorsteuer muss für alle noch nicht veranlagten Jahre an den Fiskus zurückgezahlt werden.

Weiter macht dann der Arbeitnehmer seine Arbeitnehmerrechte wie Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall u.s.w. geltend.


        


E. Kündigungsfristen und -gründe (ein fragmentarischer Überblick)


Ein Betrieb muss mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, damit der gesetzliche Kündigungsschutz nach KSchG greift. Kleinbetriebe sind also im Vorteil. 

Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen (§ 1 Abs. 1 KSchG), damit der Kündigungsschutz greift. 

§ 1 Abs. 2 KSchG sieht für eine Kündigung drei Gründe vor: 
-       die personenbedingte Kündigung
     (Bsp:  AN über drei Jahre hinweg über 20 Tage krank 
-       die verhaltensbedingte Kündigung, ( Bsp: AN kommt oft zu spät, bereits 3 Abmahnungen)
-       betriebsbedingte Kündigung (z.B. Aufträge brechen weg, Betriebsschließung)

Die Kündigungsfrist kann sich aus Ihrem Arbeitsvertrag, einem anwendbaren Tarifvertrag oder aus dem Gesetz ergeben (§ 622 BGB). Die Kündigungsfristen sind unabhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer.

Der gesetzliche Standard ist: Arbeitnehmer können mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats kündigen. Diese Frist kann durch den Arbeitsvertrag nicht verkürzt, aber verlängert werden. Die Kündigungsfrist, die der Arbeitgeber einhalten muss, hängt auch von der Dauer der Beschäftigung des Arbeitnehmers ab. 

Welche Kündigungsfristen gelten für das Arbeitsverhältnis? 
-Was steht im Gesetz zu den Kündigungsfristen im Arbeitsrecht? 
-Welche Kündigungsfrist steht im Arbeitsvertrag? 
-Welche Kündigungsfristen gibt es in Tarifverträgen? 



Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht:

Welche Kündigungsfrist Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten müssen, ergibt sich meist aus dem Arbeitsvertrag. Sollte dort auf die gesetzlichen Regelungen verwiesen sein, gelten diese. Gilt ein Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis, sind die tarifver-traglichen Fristen entscheidend, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind. Ist im Arbeitsvertrag nichts geregelt, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist (§ 622 BGB). 

Gesetzliche Kündigungsfristen für Arbeitnehmer:
Dauer des Arbeitsverhältnisses
Kündigungsfrist 0 bis 6 Monate (Probezeit): 2 Wochen zu jedem beliebigen Tag
ab 7 Monaten: 4 Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats



Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

2 Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
5 Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
8 Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
10 Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
12 Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Das Kündigungsschutzgesetz statuiert in § 4 KSchG für die Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht eine Klagefrist für den AN von drei Wochen.

Faustformel der Arbeitsgerichte für eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer: Halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr (Quote 0,5).
Bei Schwerbehinderten 0,7 Monatsgehälter Abfindung pro Beschäftigungsjahr.
Grundsatz: Je besser die Sachlage für den Arbeitnehmer ist, desto höher ist der
Abfindungsbetrag, den der AG an den Arbeitnehmer zu zahlen hat




         F. Stellenausschreibung z.B. in Zeitungen, Internet oder Intranet


Folgende rechtliche Vorgaben sind zu beachten:

Die Stellenausschreibung muss diskriminierungsfrei erfolgen. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (kurz: AGG) darf es grundsätzlich zu keinen Benach-teiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität kommen. Zwecks Vermeidung von etwaigen Schadensersatzforderungen ist bei der Formulierung von Stellenausschreibungen daher auf die Wortwahl zu achten.

Also eine geschlechtsneutrale Formulierung (m/w/d) und ohne jegliche Alters-begrenzung (Diese Formulierung wird teuer: Zur Stärkung unseres jungen Teams...)




         G. Das Bewerbungsgespräch

Bei bestimmten Fragen, z.B. nach der Schwangerschaft und Gewerkschaftszugehörig-keit sind Bewerber berechtigt, zu lügen. Solche Fragen also vermeiden.

Tipp: Wenn Sie keine Fahrtkosten für den Bewerber tragen wollen, dann ist es sinnvoll dies z.B. in einer E-Mail an den Bewerber darauf hinzuweisen. Ohne rechtzeitigen Hinweis zahlt der potentielle Arbeitgeber die Fahrtkosten des Bewerbers.





  1. Der Arbeitsvertrag und der Verstoß gegen den Arbeitsvertrag.

Arbeitsverträge immer schriftlich abschließen. Der Arbeitsvertrag sollte stets eine genaue Tätigkeitsbeschreibung sowie die Angabe des Arbeitsortes beinhalten. Nur so können schon im Vorfeld Streitigkeiten, über die vertragliche geschuldete Arbeit sowie den Tätigkeitsort, vermieden werden.

Weiter sollten Sie wissen, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer das
Direktionsrecht hat, also die Konkretisierung des Arbeitsverhältnisses bestimmen kann.

Bei leichten Verstößen des Arbeitnehmers, können Sie den Arbeitnehmer schriftlich
abmahmen.  Bsp. für schriftliche Abmahnung: Am 28.02.2019 kamen Sie unverschuldet statt um 8:00 Uhr wie vereinbart um 08:07 Uhr zur Arbeit.)


Nach mehreren Abmahnungen können Sie kündigen. 

Begeht der Arbeitnehmer eine Untreue gegen Ihr Unternehmen oder eine sonstige
Straftat gegen ihr Unternehmen, dann kündigen Sie ihn fristlos.



   
  1. Wichtige Arbeitgeberpflichten

-       Bezahlung des Arbeitnehmers, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall über 6 Wochen
-       Zahlung von Steuern und Sozialabgaben
-       Mitarbeiter gemäß Arbeitsvertrag einsetzen, Arbeitsgeräte vorhalten
-       Urlaub genehmigen und gewähren
-       Betriebsrat zulassen 
-       Datenschutz beachten
-       Fürsorgepflicht beachten, Arbeitsschutzgesetze kennen und anwenden
-       Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement nach Krankheit des AN





  1. Tipps und Marketing für Start- UP- Unternehmer


-       Internetauftritt (Welches Produkt oder Dienstleistung bieten sie an)
                                  (Ihre Vorzüge im Markt)
-       Kostenloser Auftritt bei Xing, Linkedin, Facebook…
-       Vernetzen Sie sich mit Wettbewerbern, Kunden, Lieferanten u.s.w
-       Konzentrieren Sie sich auf Ihr Kerngeschäft – Kaufen Sie das im Markt
was Profis besser machen (Werbung, Steuerberatung…)
-       Gehen Sie mit Ihren finanziellen, zeitlichen und geistigen Ressourcen
intelligent um. Erstellen Sie Zeitpläne und Prioritätslisten
-       Flexibel sein, den Markt beobachten und Marktchancen nutzen
 



Linktipps:

www.existenzgruender.de Existenzgründerportal

www.ihk.de Infos der Handelskammern mit vielen Tipps

www.impulse.de Zeitschrift für Unternehmer und Existenzgründer


Netzwerke für Unternehmer in Baden-Württemberg:






Auf meiner Homepage www.Rechtsanwalt-Eschle.de finden Sie diesen Vortrag und vieles mehr.


Vielen Dank

C: RA Thomas Eschle, 04.11.2019   22.00